Vorbemerkung
Prof. Dr.-Ing. Thorsten Arnhold, Redaktionsleiter
Im Jahr 2014 feierte die Ex–Zeitschrift von R. STAHL ihr 40. Jubiläum. Der zentrale Beitrag der damaligen Ausgabe beschäftigte sich naturgemäß mit dieser eindrucksvollen Erfolgsgeschichte eines Fachmagazins, das über vier Jahrzehnte die Fachwelt mit aktuellen Beiträgen über die Entwicklung im Explosionsschutz versorgte. Die drei Autoren, die Herren Dr. Schacke, Dr. Dill und Dr. Völker, vertraten Prüf- und Zertifizierungsstellen, Betreiber aus der Prozessindustrie und Hersteller von explosionsgeschützten elektrischen Betriebsmitteln und waren damit repräsentativ für den großen Kreis der Autoren, die über eine lange Zeit zum Erfolg der Publikation beitrugen. Nach einer sechsjährigen Pause wollen wir an diese Erfolge anknüpfen und werden unserer Ex-Magazin ab sofort über die R. STAHL–Homepage veröffentlichen. Inhaltliche Ausrichtung, fachlicher Anspruch, Aktualität und breite Autorenschaft bleiben wie gehabt, nur das rein digitale Format ist neu und der Titel wurde etwas an den Zeitgeschmack angepasst. Wir denken, dass sich der Artikel von 2014 sehr gut als Brücke in die Gegenwart eignet und veröffentlichen ihn daher in unserem „neuen“ Ex–Magazin noch einmal, ergänzt um einige Ausführungen über ex – technische Besonderheiten der Jahre 2014 bis 2021.
40 JAHRE EXPLOSIONSSCHUTZ IM SPIEGEL DER EX-ZEITSCHRIFT
von Wolf Dill, Helmut Schacke, Peter Völker
Sicherheit ist Aufgabe und Herausforderung für alle beteiligten Kreise
Die Sicherheit verfahrenstechnischer Anlagen wurde in den letzten 40 Jahren in Europa ständig verbessert. Heute zählt zum Beispiel die chemische Industrie zu einer der sichersten Branchen mit sehr geringen Unfallzahlen. Sicherheit ist Aufgabe und Herausforderung für alle beteiligten Kreise, im besonderen Betreiber und Mitarbeiter, Hersteller von Ausrüstung, Behörden, Prüfstellen, Gesetzgeber. Dies gilt umfassend auch für den Explosionsschutz als integralem Bestandteil eines Gesamt-Sicherheitskonzeptes, wobei die erfolgreiche Vermeidung von Explosionen vor allem in den Unternehmen durch die Fachkompetenz der Leitung und der Mitarbeiter vor Ort gewährleistet wird.
Von Anfang an war es die erklärte Absicht des Herausgebers R. STAHL, die „Ex-Zeitschrift” zu einer sicherheitstechnischen Informationsquelle ersten Ranges für den Bereich Explosionsschutz zu machen. In der ersten Ausgabe vom Juni 1974 fassen der damalige STAHL-Geschäftsführer Werner Stahl und der STAHL-Direktor Fritz Weißer die Zielstellung der Ex-Zeitschrift zusammen. Der Kreis, an den sich die Ex-Zeitschrift wendet, hat sich inzwischen deutlich erweitert; dabei gelten diese Aussagen aber heute nach wie vor.
Die Weiterentwicklung und Umsetzung der sicherheitstechnischen Grundlagen und des regulatorischen Umfelds spiegeln sich in den Fachaufsätzen aller beteiligten Akteure wider. Neue Ergebnisse der forschenden Institutionen, Neues aus der Normung, Berichte über gelöste Probleme in der industriellen Praxis und Anwendung verbesserter Schutzkonzepte auf neue Produkte, Informationen von Prüflabors und Zertifizierungsstellen, von regelsetzenden staatlichen Institutionen und an der Unfallverhütung beteiligten Behörden und Organisationen ermöglichen den Lesern der Ex-Zeitschrift, ihre eigene Fachkompetenz und die ihres beruflichen Umfelds auf dem neuesten Stand zu halten. In den folgenden Ausführungen werden wir auf einige wichtige Entwicklungen und Fortschritte der letzten 40 Jahre im Explosionsschutz eingehen, wie sie sich in den Inhalten der Fachbeiträge widerspiegeln. Allerdings wird wegen der Fülle der Informationen darauf verzichtet, die Fundstellen der zugehörigen Artikel explizit anzugeben. Naturgemäß lag und liegt das Augenmerk der Ex-Zeitschrift hauptsächlich auf Themen der Technik, Prüfung und Anwendung von elektrischen Geräten und Systemen im Explosionsschutz. Dennoch fanden und finden sowohl allgemeinere als auch andere spezielle Aspekte für das Betreiben von „Ex-Anlagen” ihren Platz, wie Fragestellungen zum betrieblichen Arbeitsablauf und der Erarbeitung von Explosionsschutzkonzepten, aus dem „nicht-elektrischen” und dem „konstruktiven” Explosionsschutz etc.. Diese Aspekte können im vorliegenden Beitrag aber nur gestreift werden.
DYNAMISCHE ENTWICKLUNG IN TECHNIK, WIRTSCHAFT UND REGELSETZUNG
Vergleicht man die heutige Situation mit der vor 40 Jahren, wird klar, dass die Entwicklungen der Technik, der Wirtschaft und der Regelsetzung sehr dynamisch vorangeschritten sind.
1974 gab es noch keine Mobiltelefone, keine E-Mails, kein Internet und keine PCs. Gerade fünf Jahre zuvor war Apollo 11 auf dem Mond gelandet. Die technologische Entwicklung der letzten 40 Jahre kann daher als überaus rasant bezeichnet werden, und das gilt nicht nur für den Bereich der Kommunikations- und Automatisierungstechnik. Alle Technikbereiche wurden durch die Erfindungen und Entwicklungen maßgeblich beeinflusst. Die Anpassung der technischen und gesetzlichen Regelungen verlief parallel zu der rasanten Technologieentwicklung und versuchte, mit dieser gut Schritt zu halten. Gleichzeitig – und nicht unabhängig davon – erlebten und erleben wir auch einen wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Wandel.
Die Welt sieht heute anders aus. Es gab wirtschaftliche Verlagerungen von Schwerpunkten. Ganze Industrien haben sich verändert, einige sind neu entstanden, einige gewachsen, andere zurückgegangen oder sogar ganz verschwunden, und es gab auch Verschiebungen innerhalb des weltwirtschaftlichen Systems. Zum Beispiel verlor der einstmals blühende Steinkohlenbergbau in Deutschland kontinuierlich an Bedeutung und spielt heute keine wesentliche wirtschaftliche Rolle mehr. Dort waren 1974 noch rund 200.000 Menschen direkt beschäftigt; auf dem Höhepunkt arbeiteten in Deutschland fast 600.000 Menschen im Kohlebergbau.
Einer der wichtigsten Industriezweige ist aber noch immer die pharmazeutisch-chemische Industrie, die sich in Deutschland gut behauptet hat. Gerade sie hat dazu auch einen besonderen Bezug zum Explosionsschutz.
AUSGANGSSITUATION 1974
Der Explosionsschutz war damals noch nicht umfassend mit Technischen Regelwerken, Verordnungen und Gesetzen belegt. Regelungen bezogen sich auf stoff-, anlagen- und gerätespezifische Aspekte oder waren in allgemeineren Anforderungen zur Sicherheit „versteckt”. Zu den ersteren gehörten im Besonderen die Verordnung über Brennbare Flüssigkeiten (VbF, ursprüngliche Fassung von 1960) und die länderspezifischen Explosionsschutz-Verordnungen und Bergverordnungen.
Allerdings hatten die Berufsgenossenschaften (gemäß Sozialgesetzbuch auch autonome Regelsetzer) in Deutschland bereits verbindliche Regelungen zum gesamten Gebiet des Explosionsschutzes herausgegeben („Explosionsschutz- Richtlinien, EX-RL", heute: „Explosionsschutz- Regeln"), die später auch zum Vorbild für gesetzliche Regelungen in Europa für das Betreiben von „Ex-Anlagen” werden sollten, sowie für viele Europäische Normen zum nicht-elektrischen Explosionsschutz.
So verblieb die Weiterentwicklung des Explosionsschutzes weitestgehend in der Hand der Anwender (Prozess-Industrie) und der Hersteller von elektrischen Geräten, Maschinen und Systemen. Auf elektrischem Gebiet war der Explosionsschutz geregelt durch Normen der entsprechenden Normungsorganisationen, wie VDE, CENELEC und IEC.
Das Umfeld der elektrotechnischen Normen zeichnete sich durch große Kontinuität aus.
In Deutschland galt 1974 die VDE 0170/0171, deren Fassung von 1944 durch Anpassungen in 1957 und 1961 nur noch geringfügig geändert wurde, auch wenn die Technik selber moderner wurde. 1965 wurde die Zündschutzart „Eigensicherheit (Ex)i / (Sch)i” eingeführt. Norm-Abweichungen wurden von den beiden deutschen Prüfstellen PTB (Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Braunschweig) und BVS (Bergbau-Versuchsstrecke in Dortmund) geprüft und als Sonderschutz „s” bescheinigt. Auf der Basis der Bescheinigungen wurden nach Landesvorschriften (basierend auf der ExVO) von Regierungspräsidenten oder Landesoberbergämtern Zulassungen erteilt.
Vergleichbare Regelungen gab es auch in allen anderen Ländern Europas und weltweit, aus- schließlich auf der Basis der jeweiligen nationalen Normen und Gesetze. Die Vermarktung der oft besonders hochwertigen und sicheren deutschen Produkte ins Ausland war für exportorientierte Hersteller eine zeit- und ressourcen- fressende Aufgabe.
HARMONISIERUNG DER NORMEN 1967 – 1977
Bereits 1967 erschien IEC 79 für die Zündschutzart „Druckfeste Kapselung"; danach IEC 79-0 und weitere Zündschutzarten. Eine Verpflichtung zur Übernahme gab es aber nicht.
Einen Pilotcharakter für die Betreiber hatte die 1972 erschienene IEC-Publikation 79-10, weil hier erstmals die Zoneneinteilung einheitlich genormt wurde. Bei den Formulierungen zu den Definitionen der Zonen wurde um jedes Wort gefeilscht. Die Arbeiten bei IEC liefen parallel zur ersten europäischen „Harmonisierung” der nationalen Normen. EN 50014-50020 (ausschließlich für Ex I und EX II /Zone-1) wurden von 1967 bis 1977 von Cenelcom (später: CENELEC) mühevoll erarbeitet. Diese Normen enthielten technische Konzepte, deren Ursprung in den französischen, britischen oder deutschen Normen erkennbar war. Während z.B. in Deutschland die Anschlussleitungen in der Regel in Anschlussräume in Zündschutzart „e” eingeführt wurden, waren diese in Großbritannien üblicherweise druckfest und enthielten auch Trennschalter. In Frankreich durften bestimmte Leitungen mit speziellen Einführungen dagegen auch direkt in die druckfesten Schalträume eingeführt werden. Die Synthese dieser Varianten in den EN führte teilweise zu technischen Lösungen, deren Sicherheitsniveau nicht immer dem ursprünglich gewollten entsprach
MARKTÖFFNUNG DURCH EWG-RICHTLINIEN 1977 – 1979
Die Vereinheitlichung der Europäischen Gerätenormen für explosionsgeschützte Elektrotechnik wurde flankiert von den ersten EWG-Richtlinien für die optionale Öffnung der EWG-Märkte für Produkte, die „harmonisierten” Europäischen Normen entsprachen. Harmonisierung hieß die explizite Nennung der Normen in einer EWGRichtlinie.
Die Richtlinie 76/117/EWG gab den Rechtsrahmen. Die Mitgliedsländer durften den Vertrieb von Geräten nicht behindern, wenn eine „Zugelassene Stlle” eine „Konformitätsbescheinigung” über die Übereinstimmung mit den harmonisierten Normen ausgestellt hatte. Die konkrete Anwendung ermöglichte die Richtlinie 79/196/EWG mit der ersten Liste harmonisierter Normen. Das "Ex" im Sechseck musste als „gemeinschaftliches Unterscheidungszeichen” auf
Betriebsmittel und Bescheinigung erscheinen.
UMFASSENDE NEUORDNUNG DER DEUTSCHEN GESETZGEBUNG FÜR DEN EX-SCHUTZ 1980
Die beiden EWG-Richtlinien von 1977 und 1979 wurden 1980 mit einer umfassenden Neuregelung des Explosionsschutzes in Deutschland durch die Verordnung über elektrische Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen („ElexV”) in das deutsche Rechtssystem integriert. Sowohl Baumusterprüfbescheinigungen der deutschen Prüfstellen PTB und BVS als auch Konformitätsbescheinigungen der zugelassenen Stellen der anderen EU-Mitglieds-Ländern (BE,
DK, FR, GB, IT) ersetzen die landesrechtlichen Zulassungen.
PTB und BVS wurden mit einer diplomatischen Note des ständigen Vertreters der Bundesrepublik bei der EWG als zugelassene Stellen benannt („notifiziert”). Die ElexV enthielt auch die Zoneneinteilungen und Verweise auf technische Regelwerke wie die seit den 40er Jahren existierende Explosionsschutz-Richtlinien der BG-Chemie.
Ergänzend zu den Zoneneinteilungen gab es noch ein Abkommen zwischen dem Bundesminister für Arbeit und den beiden deutschen Prüfstellen: Die Bescheinigungen für die Zone 0 übernahm die PTB, die für die Zone 10 (heute:
Zone 20) die BVS. Beide Stellen verpflichteten sich, darauf hinzuwirken, dass keine Bescheinigungen für die Zone 2 und Zone 11 (heute: Zone 22) ausgestellt werden.
Sonderanfertigungen konnten nach ElexV von besonders qualifizierten und zugelassenen Sachverständigen der Betreiber und der Hersteller geprüft und bescheinigt werden. Diese Sachverständigen hatten damit quasi den Status einer Notifizierten Stelle, allerdings nur für den deutschen Markt.
AUFBAU DES BINNENMARKTES 1980 – 1990
Im Warenverkehr für explosionsgeschützte elektrische Geräte gab es zunächst viele Reibungsflächen und auch Versuche, den nationalen Markt etwas abzuschirmen. Viele kontroverse Diskussionen, die die Akzeptanz von bescheinigten Betriebsmitteln betraf, wurden in der Arbeitsgruppe der Prüfstellen geführt. Diese Arbeitsgruppe HOTL (Heads of Testing Laboratories) wurde von der EG-Kommission organisiert. Die Gruppe war mit 8 Mitgliedern überschaubar: INIEX (Belgien), PTB und BVS (Deutschland); DEMKO (Dänemark), CERCHAR und LCIE (Frankreich); BASEEFA (Großbritannien); CESI (Italien). Durch die Erweiterung der EWG kamen später LOM (Spanien), Arsenal und TÜV Wien (Österreich), VTT (Finnland) und SP (Schweden) hinzu, sowie mit Inkrafttreten der Bergbau-Richtlinie 82/130/EWG noch die Britische Stelle HSE(M). Die Sitzungen wurden rotierend bei den einzelnen Mitgliedern abgehalten, was dem Aufbau gegenseitigen Vertrauens und der Angleichung der Prüfprozeduren diente. Bereits 1982 fand ein Ringversuch zur explosionstechnischen Bezugsdruckbestimmung an einem druckfesten Motor statt.
DAS EX IM SECHSECK – INTERNATIONAL BEKANNTES LOGO FÜR GUTEN EUROPÄISCHEN EX-SCHUTZ
Insgesamt hat HOTL dann doch viele positive Beiträge zu Vereinheitlichung der Spielregeln beitragen können.
Nach spätestens 10 Jahren war das europäische System der Marktöffnung für einheitlich geprüfte und gekennzeichnete Geräte eine Erfolgsstory. Das "Ex" im Sechseck wurde zum Logo des Europäischen Explosionsschutzes und auch außerhalb der EWG zum Schlüssel für den Marktzugang.
Zum Abbau bürokratischer Hemmnisse führte HOTL die Komponentenbescheinigung für Ex-Komponenten, wie Klemmen, Leitungseinführungen, Leergehäuse ein. Sie hatte keinerlei offiziellen Status, aber sie funktionierte und
wurde später in die Richtlinie 94/9/EG übernommen. Bei HOTL war vereinbart, diese Bescheinigungen gegenseitig anzuerkennen.
Ein von der Richtlinie vorgesehenes Prüf- und Bescheinigungsverfahren für den Fall der Abweichung von harmonisierten Normen („Kontrollbescheinigung”) kam erst sehr spät in Gang, als die Gruppe HOTL für die Anwendung noch
nicht harmonisierter ENs ein vereinfachtes Verfahren entwickelt hatte.
ÜBERGANGZEIT VON DER OPTIONALEN HARMONISIERUNG ZUM VOLLENDETEN BINNENMARKT
Das System der Normenharmonisierung durch einzelne EWG-Richtlinien hatte zwar funktioniert, war aber angesichts der schnellen und zahlreichen Änderungen bei den ENs zu schwerfällig. Bei der Umsetzung der EG-Initiativen zur „Vollendung des Binnenmarktes” und zum „Neuen Ansatz” wurde dieses System dann abgelöst durch die Richtlinie 94/9/EG mit dem Verweis auf eine Normenliste im Amtsblatt der EU.
1982: DIE B-GENERATION: DER EN-KUNSTSTOFF WIRD HOFFÄHIG IM EX-SCHUTZ
Bei der ersten Generation der EN 50014-50020 war die Technologie mechanischer Komponenten auf metallene Werkstoffe ausgerichtet. Die Prüfkriterien für Kunststoffmaterialen mussten bestehende Bedenken ausräumen. Ein ganzes Spektrum an Materialprüfungen wurde ergänzt. Erst bei der Anwendung ergab sich, dass bestimmte Materialkennwerte oft nicht verfügbar waren und in aufwendigen Versuchsreihen ermittelt werden mussten. Auch Anforderungen an die Vermeidung gefährlicher elektrostatischer Aufladungen bildeten eine signifikante Hürde.
Diese Änderungen zu EN 50014-020 wurden erst 1984 als sogenannte „B-Generation” harmonisiert (für die Gruppe I: 1988), wobei der Buchstabe B in die Nummer des Zertifikats aufgenommen wurde.
1986 STAUBEXPLOSIONSSCHUTZ NATIONALE BAUARTBESTIMMUNGEN
Während die VDE-Norm für Zone-0-Geräte immer nur Entwurf blieb, erschien 1986 VDE 0170/0171 Teil 13 für Zone-10-Geräte. Für die Zone 11 enthielt VDE 0165 ausreichende Kriterien, um aus Geräten für normale Industrieanwendungen geeignete wählen zu können.
1988 VERGUSSKAPSELUNG ALS WEITERE ZÜNDSCHUTZART GENORMT
Bevor die EN 50028 erschien, waren vergussgekapselte Geräte und Bauteile in Deutschland als Sonderschutz „s” bescheinigt worden, basierend auf den hausinternen Prüfregeln der Prüfstellen. Auch mit der EN 50028 als Synthese aus den Prüfverfahren der Prüfstellen in Europa mussten zunächst Erfahrungen gesammelt werden, vor allem mit den Vergussmaterialien.
1988 DAS (FAST) ENDGÜLTIGE AUS FÜR VDE 0170/0171:1.69
Bei der Aufnahme der EN 50014-020 ins VDEVorschriftenwerk 1978 wurde der 01. Mai 1988 als Datum festgelegt, bis zu dem die parallele Anwendung von VDE 0170/0171/1.69 noch möglich sein sollte. Diese Übergangsfrist von 10 Jahren schien ausreichend, am Ende reichte sie dann aber doch nicht. Kurz vor dem Ablauf beschloss das DKE-Komitee K 241 noch eine lebenserhaltende Maßnahme für die nach nationalen Normen gebauten Geräte.
Die Änderung A102 zum Teil 1 von VDE 0170/0171:5.78 (=EN 50014) hob das Ende der 10-jährigen Übergangsfrist mit Wirkung vom 01. Mai 1988 teilweise wieder auf:
Für noch nicht durch harmonisierte Normen abgedeckte Geräte konnten PTB und BVS weiter nationale Ex-s Bescheinigungen ausstellen. Für vor dem 01.05.1988 bereits zugelassene oder baumustergeprüfte Geräte der Gruppe I konnte die BVS weiter Bauartänderungen bescheinigen. Die weitere Anwendbarkeit von VDE 0170:1.69 für den Bergbau wurde flankiert von einer entsprechenden Änderung der ElektrozulassungsBergverordnung.
Für die Betreiber explosionsgeschützter Geräte wichtigste Festlegung war die Aussage der
Norm: „Der Übergang auf neue Normen erfolgte im Hinblick auf die europäische Harmonisierung; eine Veränderung des Sicherheitsniveaus ist damit nicht verbunden.” Dies vermied eine Umrüstungspflicht von in Betrieb befindlichen Anlagen wegen vermeintlicher Anhebung des Sicherheitsniveaus durch neuere Normen.
1989 DEUTSCHE EINIGUNG MIT ABLÖSUNG DER TGL-NORMEN
Mit der Deutschen Einigung wurde das in der Bundesrepublik bestehende Geflecht aus Verordnungen und Normen auch den neuen Bundesländern übergestülpt. Für die bis dahin geltenden TGL-Normen der DDR gab es nur noch Übergangsregeln.
Die Freiberger Prüfstelle – Teil des Instituts für Bergbausicherheit – wurde mit vorübergehender finanzieller Förderung durch den Bund privatisiert und ist jetzt unter dem Kürzel IBExU bekannt.
1989 EN 50021 FÜR ZONE-2-GERÄTE
Für Deutschland war die Errichtungsnorm VDE 0165 ausreichend, die für Zone-2-Geräte die Kriterien für die Auswahl aus betriebsmäßig nicht funkenden „normalen” Industriegeräten vorgab. Auf europäischer Ebene kam man nicht ohne Gerätenorm aus. Schon 1975 warnte der TC31-Vorsitzende H. G. Riddlestone, „on occasion, requirements for apparatus for Zone 2 become more onerous than those for Zone 1 equipment.” Bei der Ausarbeitung der Norm EN 50021:1988 gingen die Anforderungen deutlich über das von VDE 0165 her gewohnte hinaus. Diese Norm wurde nicht harmonisiert, da die EWG-Richtlinien Zone-2-Geräte nicht abdeckten. Bei der Überarbeitung durch IEC wurden auch Konzepte der in Nordamerika gültigen Division 2 nach IEC 60079-15 übernommen.
1994 ATEX UND DIE VOLLENDUNG DES BINNENMARKTES
Die nach dem „Neuen Ansatz” entworfene Richtlinie 94/9/EG brachte eine Vielzahl von Umwälzungen, die von Herstellern und Betreibern mit erheblichem Aufwand umzusetzen waren. Gegen starke Bedenken wurden die nichtelektrischen Geräte und die Schutzsysteme in den Geltungsbereich aufgenommen. Weitere gravierende Änderungen waren:
- Einführung von Gerätekategorien für alle Zonen
Allerdings gab es Widerstände gegen die Einführung einer Gerätekategorie 0 in Analogie zur Zone 0
(„Zero? C’est rien!”). - Drei Gerätekategorien beim Staubexplosionsschutz
Für das bewährte Zwei-Zonen System beim
Staub (DE: 10 und 11; GB: Y und Z; Nordamerika: Division 1 und 2) war in Normungskomitees ein Spiegelbild der drei Gas-Zonen entwickelt worden. Diesem wurde mit drei Gerätekategorien bereits entsprochen, obwohl die drei Staubzonen erst mit der Richtlinie 1999/92/EG in Europa verbindlich wurden. Die Dreiteilung der Gerätekategorien wurde 2007 von IEC als „Equipment Protection Level" in die IEC 60079-0 übernommen. - Aufnahme des gesamten Spektrums von explosionsschutz-relevanten Geräten, wie Schutzsysteme (z.B. Explosionsdruckentlastung, Explosionsunterdrückung), Gasmessgeräte, Sicherheitseinrichtungen und Verbrennungsmotoren.
- Die Aufnahme der Sicherheitseinrichtungen, deren sichere Funktion beispielweise garantieren soll, dass an dem überwachten Gerät beim Betrieb und bei Störungen keine Zündquelle auftritt, fiel in eine Zeit, in der in der gesamten Sicherheitstechnik die Einführung von quantifizierbaren Sicherheitspegeln für entsprechend bewertete Risikoklassen diskutiert und genormt wurde. Insbesondere für die Betreiber großer industrieller Anlagen mit sicherheitskritischen Prozessen folgte eine schwierige Zeit. Die auf der Basis langjähriger Erfahrungen entwickelte Sicherheitstechnik ließ sich oft nur schwer mit den Instrumentarien wie SIL (IEC 61508) einfach und erfolgreich bewerten.
Auch die für den Explosionsschutz relevanten Sicherheitseinrichtungen wurden erst nach intensiven Beratungen genormt, in separaten ENs für elektrische und für nichtelektrische Einrichtungen. - Die Mitwirkung von hierfür notifizierten Stellen bei Überwachung des Qualitätsmanagements für die Herstellung der Produkte.
An dieses ATEX-spezifische Overlay über das meist vorhandene QS-System nach ISO 9000 mussten sich Hersteller und QS-Zertifizierer erst gewöhnen.
Heute kann man sagen, dass die Umstellung von der optionalen Harmonisierung auf den vollständigen Binnenmarkt erfolgreich verlaufen ist, wenn auch mit Nebeneffekten, die nicht immer nur der Sicherheit dienten.
Beispielsweise gibt es inzwischen ca. 66 notifizierte Stellen in der EU, deren Akkreditierung (wenn überhaupt) und Notifizierung nach unterschiedlichen Kriterien erfolgte. Die Beurteilung der Fachkompetenz der Prüfstellen ist Sache der
Mitgliedstaaten. Verbesserung erwartet man vom sogenannten „Neuen Rechtsrahmen”, der 2014 zum Erlass der neuen „ATEX-Richtlinie” 2014/34/EU führte, die ab 2016 anzuwenden ist.
BETRIEBLICHER EXPLOSIONSSCHUTZ 1999 – 2003 „BETREIBER-ATEX" UND EINFÜHRUNG EINES GEMEINSAMEN MINDESTNIVEAUS
Neben dem Abbau von Handelshemmnissen durch den Binnenmarkt auf wirtschaftlichem Gebiet (dazu gehörte die ATEX-Richtlinie 94/9/EG mit ihren Sicherheitsanforderungen für „Handelsware"!) war es auch Ziel der Europäischen Union, für alle Mitgliedstaaten ein Mindestniveau in den sozialen Feldern zu erreichen. Die einzelnen Staaten können – anders als bei den Regelungen für den Binnenmarkt – in ihren nationalen Anforderungen darüber hinausgehen, dürfen jedoch die in der EU festgelegten Grenzen nicht unterschreiten.
Dies gilt für den Explosionsschutz als Teil des Arbeitsschutzes in vollem Umfang. So wurde 1999 die Richtlinie 1999/92/EG über „Mindestvorschriften zur Verbesserung des Gesundheitsschutzes und der Sicherheit der Arbeitnehmer, die durch explosionsfähige Atmosphären gefährdet werden können" („Betreiber"-ATEX) verabschiedet. Diese Richtlinie und der zugehörige Leitfaden der EU-Kommission tragen weitgehend Züge der eingangs erwähnten EX-RL der deutschen Berufsgenossenschaften. Eine der wichtigsten Regelungen darin ist die EU-einheitliche Definition der Zonen. Dabei wurde die in Normungskreisen schon länger diskutierte Einteilung der staubexplosionsgefährdeten Bereiche in 3 Zonen eingeführt. Dieses Modell hat IEC dann 2004 in die IEC 61241-10 übernommen.
In Deutschland wurde diese EU-Richtlinie mit der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) und zum geringen Teil durch die Gefahrstoffverordnung (GefahrStV) in nationales Recht überführt. Damit ging letztlich auch ein Paradigmenwechsel einher: Während früher in Deutschland Beschaffenheitsanforderungen für die Ausrüstung und für die Anforderungen an das Betreiben von (elektrischen) Anlagen mit explosionsgefährdeten Bereichen in den gesetzlichen Regelungen miteinander verwoben waren, erfolgte jetzt eine strikte Trennung. Im Falle des Explosionsschutzes war die ExVO (Explosionsschutzverordnung) als Umsetzung der ATEXRichtlinie 94/9/EG für die Ausrüstung maßgebend, für das Betreiben ab 2003 die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) mit der Gefahrstoffverordnung (GefahrStV). Im Zuge dieser Entwicklung wurde die Ablösung der bisherigen gesetzlichen Regelungen, wie der ElexV und der VbF notwendig.
In den gesetzlichen Regelungen ist die unmittelbare Bezugnahme auf Normen und Standards nicht mehr vorgesehen. Diese erhalten ihre Verbindlichkeit durch die EU-Kommission über eine mandatierte „Harmonisierung" bei den europäischen Normungsinstitutionen CEN und CENELEC.
Guter Explosionsschutz beruht auf richtiger Ausrüstung und Technik sowie auf richtigem Betreiben – keine neue Erkenntnis!. Die europäischen Richtlinien und ihre jeweiligen nationalen
gesetzlichen Umsetzungen konnten den Explosionsschutz nicht „neu erfinden". Dennoch wurde etwas Neues bewirkt: Für alle Beteiligten wurde es erforderlich, sich mit Fragen des Explosionsschutzes intensiver auseinanderzusetzen.
- In der Vergangenheit vielleicht weniger beachtete Aspekte, z.B. des Staubexplosionschutzes, der Eignung nichtelektrischer Betriebsmittel im Explosionsschutz oder der elektrostatischen Zündquellen, wurden deutlicher gemacht.
- Eine nachvollziehbare Darstellung des verfolgten Explosionsschutz-Konzeptes und der entsprechenden ergriffenen Maßnahmen wurde für die Betreiber verpflichtend („Explosionsschutzdokument").
- Sogenannte „Ex-Anlagen" in ihrer Gesamtheit sind seither regelmäßigen Prüfungen durch bestimmte fachkundige Personen oder Institutionen unterworfen. Damit ging Deutschland über die europäischen Mindestanforderungen hinaus.
- Rollenverteilung und -verständnis bei Herstellern, Anwendern, Betreibern, Behörden und Prüfinstitutionen waren neu zu überdenken und zu definieren.
All dies hat ohne Frage dazu beigetragen, das Bewusstsein über Sicherheitsfragen nicht nur bei großen Unternehmen, sondern im Besonderen auch bei Klein- und Mittelunternehmen (KMU) zu stärken und den Explosionsschutz allgemein weiter zu verbessern.
SEIT 2006 TECHNISCHE REGELN FÜR BETRIEBSSICHERHEIT
Mit dem Inkrafttreten der BetrSichV wurde es notwendig, diese naturgemäß nicht ins Detail gehende Verordnung weiter zu konkretisieren und für die Praxis leichter anwendbar zu machen. Dies wurde und wird erreicht mit der Ausgabe von Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS). Für den Explosionsschutz enthalten die TRBS 2152 mit mehreren Teilen und die TRBS 2153 wichtige Regelungen. Derzeit befindet sich die TRBS 2152 Teil 5 in der letzten Erarbeitungsphase. Mit dieser TRBS wird neueren Entwicklungen und Erkenntnissen für die Bewertung und den Einsatz von Prozessleittechnik im Explosionsschutz Rechnung getragen.
1965 – 2014 ZÜNDSCHUTZART EIGENSICHERHEIT – KONTINUIERLICHE ERWEITERUNG UND ANPASSUNG AN DEN TECHNISCHEN FORTSCHRITT DER ELEKTRONIK
Während viele Zündschutzarten, wie Druckfeste Kapselung, 1974 bereits als weitgehend erforscht galten und in der Normung nur geringfügige Anpassungen vorgenommen wurden, unterlag die Zündschutzart Eigensicherheit seit dem
Beginn einem kontinuierlichen Veränderungsprozess, der nicht nur für die Hersteller oft eine Herausforderung darstellte.
Auch wenn schon vorher Geräte geprüft und bescheinigt wurden, die keine Explosionen durch Funken und heiße Komponenten auslösen konnten, wurde in Deutschland erst 1965 die Eigensicherheit als Zündschutzart genormt, eher als Leitfaden. Es gab nur die Zündschutzarten (Ex)i und (Sch)i, mit einfacher Fehlersicherheit und einem Sicherheitsfaktor.
Erst mit EN 50020 wurden 1977 die Kategorien „ia” und „ib” eingeführt, wobei eine Fußnote anmerkte, dass „ia” für die Zone 0 geeignet sei.
Ein für alle Beteiligten immer wieder herausforderndes Thema war und ist die maximal übertragbare Leistung mit eigensicheren Stromkreisen. Die Betreiber benötigten immer längere Leitungen für die Überwachung der großen Anlagen und die Versorgung möglichst vieler Verbraucher. Selbst für Beleuchtungszwecke wurde
früh die Eigensicherheit als Zündschutzart eingesetzt.
Für die Anhebung der Leistungsgrenze gab eszwei Konzepte:
- Abschaltung des Versorgungsstromkreises, bevor der Unterbrechungs- oder KurzschlussFunke zündfähig wird. Dieser Ansatz wurde bereits 1975 von Halama bei der 2. IEEKonferenz „Electrical Safety in Hazardous Environments” publiziert. Die Anwendung dieses Konzeptes wurde üblicherweise nur für die Kategorie „ib” zugelassen. Nach IEC 60079-11:2011 können für „ia” steuerbare Halbleiter als Sicherheits-Shunts oder in Serie zur Leistungsbegrenzung eingesetzt werden, nicht jedoch zur Strombegrenzung. Zusätzlich wird derzeit für ein ausgefeiltes Konzept dieser Art eine eigenständige Norm
- IEC 60079-39 „Power-i" – entworfen. Versorgung mit hochfrequenten Stromkreisen, deren Zündgrenzwerte generell höher liegen als bei Gleichstrom. Untersuchungen der frequenzabhängigen Zündgrenzwerte fanden bereits vor 1981 bei der PTB statt und wurden nach 1982 bei der BVS fortgesetzt; entsprechende Grenzwerte wurden in die Norm VDE 0848 eingearbeitet. Danach befasste sich die PTB erneut schwerpunktmäßig mit dem Thema.
1997 – 2014 ATEX-NORMEN FÜR NICHTELEKTRISCHE GERÄTE, SCHUTZSYSTEME UND STOFFDATEN
Vor allem dank der hochmotivierten und strategisch exzellent geführten Mitarbeiter im CEN-TC 305 und seiner Untergruppen wurde fast das gesamte in BG-Regeln, VDI-Richtlinien und Forschungsberichten niedergelegte sicherheitstechnische Know-how des nichtelektrischen Explosionsschutzes in CEN-Normen übergeführt. Den Beginn machte die EN 1127 mit den Grundlagen in 1997. Inzwischen listet das Amtsblatt der EU unter dem Kürzel CEN 63 Normen für die unterschiedlichsten Schutzkonzepte, Schutzsysteme und Stoffdatenbestimmung.
Die wichtigsten dieser CEN-Normen werden demnächst auch als ISO oder ISO/IEC-Normenmit weltweiter Anwendbarkeit publiziert und können dann Eingang ins IEC-Zertifizierungssystem finden. Dass auch ISO-Normen vom Unterkomitee 31M des IEC TC31 erarbeitet werden können, gewährleistet ein ganzheitliches Konzept der Explosionsschutz-Normung.
Ein spezieller Aspekt des Technologietransfers ist zu sehen in einigen CEN-Normen, die nur für den Steinkohlenbergbau gelten: Das hier in Deutschland und Europa gesammelte umfassende Fachwissen zum Schlagwetterschutz unter Tage ist in diese Normen eingegangen und kann weitergeführt werden, auch wenn der Steinkohlenbergbau hier ein Auslaufmodell ist.
1994 – 2014 ZWANZIG JAHRE IECEx-SYSTEM
Auf der 5. IEE-Konferenz zum Explosionsschutz stellte Andy Owler in einem Vortrag das geplante IEC-Zertifizierungssystem für elektrische Geräte für explosionsgefährdete Bereiche vor.
Die ersten Ideen hierzu entsprangen im Erfolg des europäischen Systems mit dem "Ex" im Sechseck, das weltweit das Logo für hochwertigen Explosionsschutz aus Europa geworden war. So etwas wollte man auch global haben. Multinational aufgestellte Betreiber (z.B. aus der Chemie und Petrochemie) möchten die Anlagentechnik möglichst überall aus einem Guss einsetzen. Hersteller wollen nicht in jedem Exportland wieder eine separate Zulassungsprozedur über sich ergehen lassen. Deswegen waren die Startbedingungen für das IEC-Ex-System (zunächst „IECEx-Schema”,
analog zum CB-Schema für Niederspannungsgeräte) gut, und es kann eine erfolgreiche Entwicklung erwartet werden.
Mittlerweile nehmen 31 Länder teil, mit insgesamt 45 Zertifizierungsstellen. Aufgrund rechtlicher Zusammenhänge können die Zertifikate in den einzelnen Ländern meist nicht unmittelbar als „Zulassung” gelten, sondern müssen
noch von einer nationalen oder regionalen IECEx-Zertifizierungsstelle übernommen werden, aber an den einheitlichen sicherheitstechnischen Normen und Prüfungen ändert sich dadurch nichts.
Ein besonderes Gewicht verleiht den IECExZertifikaten die Anerkennung des IECEx-Systems als Modell für die rechtliche Regelung des Explosionsschutzes durch die UNECE (United Nations Economic Commission for Europe). IECEx. „Noch kein Reisepass, doch ein Passierschein.”, so bringt es der neue Chairman von IECEx, Thorsten Arnhold (R. STAHL) auf den Punkt.
EXPLOSIONSSCHUTZ IN NORDAMERIKA
Der Explosionsschutz hat sich in Nordamerika historisch und von den Normen her anders entwickelt als in Europa und den meisten anderen Ländern der Welt, vor allem bei der Installationstechnik und der Einteilung der explosionsgefährdeten Bereiche. Die Ex-Zeitschrift beschäftigte sich erstmals 1979 mit dem amerikanischen Explosionsschutz. Seitdem ist dies auch ständiges Thema der Ex-Zeitschrift geblieben. Ein wichtiger Meilenstein in der Annäherung zwischen dem NEC (National Electrical Code®) der USA und den IEC-Normen im Explosionsschutz war eine Änderung des NEC im Jahr 1996: Der Artikel 505 wurde in den Standard NFPA 70 aufgenommen. Damit wurden die Einteilung der gasexplosionsgefährdeten Bereiche und die Festlegung von Anforderungen an Betriebsmittel nach dem Zonenmodell und eine Zulassung nach IEC-adaptierter US-Norm (AEx) möglich. Bis dahin gab es anstelle der Zoneneinteilung nur die Einteilung in Class und Division.
Die Übernahme der drei Staubzonen in den NEC folgte mit der Ausgabe 2005.
In Kanada ist mittlerweile die Annäherung an IEC viel weiter vorangeschritten als in den USA. Die meisten Anlagen werden in Kanada jetzt nach dem Zonenmodell klassifiziert, und Kabelinstallation anstelle der Verlegung von Leitungen in Metallrohren (Conduits) ist bei Neuanlagen sehr verbreitet. Durch die zunehmende Internationalisierung der Anwenderindustrie und der Hersteller explosionsgeschützter Produkte liegt eine Harmonisierung der Standards im Interesse der meisten beteiligten Kreise. Einige traditionelle amerikanische Hersteller für explosionsgeschützte Produkte sehen hier aber auch eine Gefahr für ihre zukünftigen Umsätze.
Führende Hersteller haben heute Produkte im Programm, die sowohl in den USA und in Kanada, als auch im Rest der Welt eingesetzt werden können, also global einsetzbare Produkte. Dies erfordert heute immer noch eine Mehrfachzertifizierung, aber es gibt den international agierenden Anlagenbauern und Apparatebauern die Möglichkeit, dieselbe technische Grundkonstruktion weltweit anzubieten ohne große nationale Modifikationen.
Dass diese Harmonisierung weitergeht, zeigen die Mitwirkung der nordamerikanischen Experten und Institutionen in der IEC-Normung, am IECEx-System und auch die neuesten Entwicklungen hinsichtlich der Akzeptanz von IEC-Technik im Bereich der Öl- und Gasförderung im Offund Onshore-Bereich, in dem entsprechenden Beitrag in dieser Ausgabe der Ex-Zeitschrift ausführlich dargestellt.
2014 BIS 20.. WELTWEITE HARMONISIERUNG IM EXPLOSIONSSCHUTZ
Eigentlich gibt es nur noch zwei Felder, die einer weltweiten Harmonisierung des Explosionsschutzes im Wege stehen. Erstens die Andersartigkeit der nordamerikanischen Normen, besonders in den USA, und zweitens die nationalen und regionalen Rechtsnormen für den formalen Nachweis der Konformität der Produkte. Die Lösung des NEC/IEC Problems kann nur über die schrittweise Angleichung der Normen erfolgen. Dies wird viele Jahre brauchen. Die Lösung des Konformitätsnachweisverfahrens bedarf der Gesetzesänderung der jeweiligen Legislativen in den Ländern und Regionen. In Europa geht das nur über die EU-Kommission. Der Weg, das IECSystem durchgängig weltweit anwendbar zu machen, ist daher noch langwierig, aber es lohnt sich, ihn weiter zu gehen und die beiden Hauptproblemfelder stetig zu bearbeiten, von allen Seiten aus, den Normungsorganisationen, der Legislative, der WTO, der UN und der EU, ….
Die hier gegebene Darstellung der Geschichte von 40 Jahren Explosionsschutz erhebt keinesfalls Anspruch auf Vollständigkeit. Gleichwohl wurde versucht, wesentliche Entwicklungspunkte aufzuzeigen, und alle genannten Entwicklungen haben aus unterschiedlichsten Gesichtspunkten Berücksichtigung gefunden in den Beiträgen und Fachaufsätzen der Ex-Zeitschrift – vielfach ergänzt in Themen der regelmäßig über die Jahrzehnte veranstalteten „Ex-Foren” von R. STAHL.
Wir wünschen der Ex-Zeitschrift, dass sie auch die nächsten 40 Jahre DAS Fachmedium im Explosionsschutz und das Sprachrohr für Experten aus allen beteiligten Bereichen sein wird. Die Harmonisierung der Regelungen und das Erreichen eines gleichmäßig hohen Sicherheitsniveaus weltweit ist ein wichtiges Anliegen. Wir hoffen, dass es
keine weiteren 40 Jahre braucht, um dieses Ziel zu erreichen.
Kompetenz und Erfahrung, aber auch die Einsicht, wo Grenzen der Sachkenntnis vorhanden sind, sind wichtig für die Erhaltung eines hohen Sicherheitsniveaus und die Vermeidung schwerer Explosionsunglücke.
Die kontinuierliche Weitergabe und Auffrischung vorhandenen und neu gewonnenen Fachwissens sind Garant für den Erhalt und die Verbesserung des Sicherheitsniveaus. Hieran mitzuarbeiten sind alle Beteiligtenweiterhin aufgerufen.
Die Ereignisse im Zeitstrahl
Taschenrechner von Hewlett Packard
mit wissenschaftlichen Funktionen, HP 35
1972Explosionsgeschützte Hängeleuchte
"Druckfeste Kapselung" mit Quecksilberdampf- Hochdrucklampe 400 W
Gründung von CENELEC
1973Explosionsgeschützte Schalttafelsteuerungen
mit Befehlsgeräten der Reihe 8004
Intel stellt den ersten vollwertigen 8-Bit- Processor 8080 vor
1974Ex-Zeitschrift Nr. 1
Kopplung von Sojus 19 und Apollo 18
1975Europäische Richtlinie 76/117/EWG
1975Apple II
Personal Computer mit Tastatur
1975Explosionsgeschützter Fehlerstromschutzschalter 40 A
100 Jahre R. STAHL
Firmengründer Rafael Stahl
Normenreihe EN 50014, bis 50020 durch CENELEC angenommen
1977Erste Explosionsgeschützte Meldeleuchten mit LED
(Patent für R. STAHL)
Sicherheitsbarrieren
nach EN 50020 und NFPA 493 (für USA)
Rubik stellt seinen Zauberwürfel vor
1979Europäische Richtlinie 79/196/EWG
1979Gründung der ersten Tochtergesellschaft in den USA
1979ElexV-Verordnung über elektrische Anlagen in explosionsgefährdeten Räumen
1980Explosionsgeschützter Elektroseilzug
Commodore Rechner C64 kommt auf den Markt
1982Europäische Richtlinie 82/130/EWG (Bergbau)
1982ICS 1000:
Modulsystem für die Prozessautomatisierung
Motorola DynaTAC 8000X wird als erstes Mobiltelefon von der FCC zugelassen
1983CES-Steckvorrichtung
mit Drehschalter explosionsgeschützt
und nach CEE-Norm
Erste E-Mail in Deutschland
1984Anpassung der Richtlinie 79/196/EWG
1984Ex-Sicherheitsschalter
16 A bis 63 A
VDE 0170/0171 Teil 13 Anforderungen an Betriebsmittel der Zone 10
1986ICS MUX:
Erstes Eigensicheres Feldbussytem für den Ex-Bereich auf der ACHEMA
Berliner Mauer fällt
1989EXLUX 6000:
Start der innovativen Ex-Leuchtenreihe
von R. STAHL
Deutsche Wiedervereinigung
1990Ex e Zweistiftfassung
INTRINSPAK:
Sicherheitsbarriere mit austauschbarer Vorsicherung
Erfindung der blauen LED in Japan
1992ICS PAK:
Trennstufen
Heidrun:
Großes Feldbusprojekt in der norwegischen Ölförderung
Eurotunnel unter dem Ärmelkanal wird eröffnet
1994Neue ATEX-Richtlinie 94/9/EG
1994ConSig:
Befehls- und Meldegeräte
Microsoft veröffentlicht Windows 95
1995USA: Änderung des NEC 1996 durch Artikel 505 (Code Change)
1995Explosionsgeschützte Leistungsschalter
1. Sitzung des ManagementKomitees von IECEx in London Elfte Verordnung zum Gerätesicherheitsgesetz (Explosionsschutzverordnung - 11. GSGV)
1996EXICOM Terminals für den Ex-Bereich
Sonde Pathfinder landet auf dem Mars
1997EN 1127-1 wird von CEN angenommen
1997R. STAHL geht an die Börse
1997Kameras und Kamerasysteme für den Ex-Bereich
Einführung des Euro als Buchgeld
1999Europäische Richtlinie 1999/92/EG
1999IS1 Remote I/O-Technik von R. STAHL
Neubau der R. STAHL Zentrale in Waldenburg
125 Jahre R. STAHL
2001Einführung des Euro als Bargeld
2002Betriebssicherheitsverordnung – BetrSichV
2002Cage Clamp erobert Ex-Bereich
SolConeX:
Neue Steckvorrichtungsreihe
NEC 2005 mit Artikel 506, 3 Staubzonen
2005Messing-Kabelverschraubung 8160
Erste Stadtbusse in Berlin fahren mit Wasserstoff
2006Technische Regeln für Betriebssicherheit TRBS 2152
2006LED-Leuchte für den Ex-Bereich
Technische Regeln für Betriebssicherheit TRBS 2153
2009Feldbusbarriere:
Innovative Feldbustechnik für den Ex-Bereich
Apple stellt das iPad vor – erster kommerziell erfolgreicher Tabletcomputer
2010Moderne LED-Technik:
Hängeleuchten für Zone 1
CUBEx:
Ex-Systemlösungen mit kompakter Gehäusetechnik
Wireless Hart Gateway:
Funkschnittstelle für den Ex-Bereich